Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist nicht nur eine Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Artikel 328 Absatz 1 des Obligationenrechts (OR), sondern stellt auch eine Beeinträchtigung der Gesundheit im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 des Arbeitsgesetzes (ArG) und von Artikel 2 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) dar. Gemäss Artikel 328 OR hat der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin im Arbeitsverhältnis nämlich die Persönlichkeit der Mitarbeitenden zu schützen und auf deren Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen.
Seit der Einführung des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) stellt sexuelle Belästigung auch eine geschlechtsbezogene Diskriminierung dar, was gemäss Artikel 3 GlG und Artikel 4 GlG verboten ist. Dieses Gesetz garantiert die Gleichstellung von Frauen und Männern im Arbeitsverhältnis und konkretisiert die dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin auferlegte Pflicht aus Artikel 328 OR (Entscheide des Walliser Kantonsgerichts, c. 2.1; BGE 126 III 395 c.7b/aa). Während mit der Bestimmung des OR die Persönlichkeitsverletzungen reglementiert werden, kommt das Gleichstellungsgesetz spezifisch bei geschlechtsbezogener Diskriminierung zur Anwendung: Es gewährleistet spezifisch einen Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und erstreckt sich über alle Arbeitsverhältnisse, vom Vorstellungsgespräch bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Art. 3 Abs. 2 GlG).
Darüber hinaus verfügt das GlG über einen breiten persönlichen Anwendungsbereich: Es gilt nicht nur für sämtliche Personen, die mit einem privatrechtlichen Arbeitsvertrag angestellt sind, sondern auch für Personen, die von einer öffentlichen oder halböffentlichen Körperschaft mit einem Vertrag, über ein Gesetz oder Statuten angestellt sind. Im GlG sind spezifische Rechte und Pflichten vorgesehen (Art. 5 Abs. 3 GlG und Art. 10 GlG).